seit mehreren jahrzehnten nun treffen wir uns, die freunde
und ich, einmal im jahr, am heiligen abend, und zwar, genau zu sein, nachmittags. die stimmung in berliner vorortkneipen ist da sehr, sagen wir, schwebend. schwebend zwischen
relativer depression und absoluter depression. weit und breit niemand zu sehen,
ausgenommen, vesteht sich, jene verlorenen existenzen, deren sonnenuhr deutlich und definitiv
abgelaufen ist.
die weitreichende geschichte und hintergrundsymbolik dieser heilig-abend-treffen auszubreiten wäre sicher einen eigenen ARTE-themenabend wert, den ich irgendwann, im laufe der nächsten dekaden, mal durchabsolvieren werde. heute nur so viel: in diesen mit seltsamem pathos nicht unterdosierten runden geht es letzten endes jeweils darum, unter zuhilfenahme von hauptsächlich bier ein in die zukunft weisendes motto des nächsten jahres, ja, eine art prophezeiung zu kreieren. das problem: alle müssen damit einverstanden sein. alle müssen damit leben können. es muß für alle passen. entsprechend diplomatisch verworren bzw. nebulös austariert geraten am ende die prognosen. schlußdokumente von uno-klimakonferenzen sind nichts dagegen. es tobt ein erbitterter kampf um die reduzierung von eindeutigen, klaren, sinnvollen aussagen, der erst dann zu ende ist, wenn alle semantik pulverisiert, ähem, darnieder liegt.
das motto des eben zu ende
gehenden jahres zum beispiel war: das jahr 2009 wird ein jahr der
entscheidungen, die im nebel auf uns warten, von denen wir aber nicht so sicher
sind, ob es sie überhaupt gibt, und nicht genau wissen, ob und wie sie uns
betreffen, falls es sie gibt.
und genau so kam's ja auch. oder etwa nicht?
jetzt aber gab es in der dreißigjährigen geschichte erstmals kein gemeinsames orakel,
sondern drei. fraglos ein zeichen der ermüdung, des niedergangs, der
kumulation von stupidität. es geht, gottseisgeklagt, zu ende. ich will nicht langweilen. 2011, dies als info im vorabbereich, soll entweder das jahr der stetigen freude werden (hm?!), das jahr des
dünner werdenden fadens (tsss!) oder aber das jahr des auftauchens der ebenso
unerwarteten wie schockierenden fratze hinter der grünen tür (?).
glücklicherweise eher ungrüne tür, nämlich zur präsidentensuite im jugendgästehaus aasee, hinter der ich mich vor meinem auftritt bei den wdr-5-vorlesern etwas sammelte bzw. zerstreute.
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