ganz china reist bzw. ist verreist. es sind ferien. die leute sind bei den familien. die städte angenehm leer, etwa so leer wie in europa zur rush hour. leider reisen wir auch, es geht heute nach peking. wir wollen schauen, ob die mauer noch steht, ob die verbotene stadt immer noch etwas verbotenes hat und ob die pekingente in peking irgendwie pekinghafter, pekinggemäßer schmeckt als die in shanghai.
vom roman noch keine zeile geschrieben. werde ich ein neuer koeppen? ein koeppen-epigone?
spät auf der kleinen silvesterparty gestern erzählt eine reizende chinesin, die zwischendurch schon eingeschlafen war, aber plötzlich wieder auftauchte, daß die züge vor zehn, zwanzig jahren noch unvorstellbar viel voller waren als heute. sie sei einmal mit mit drei koffern (zwei in der hand, der andere vorwärts mit dem fuß) über 50 stunden unterwegs gewesen, stehend, sitzend auf den koffern, denn drumherum sei kein platz mehr gewesen. nach der hälfte der strecke habe sie aber das unvorstellbare glück gehabt, einen platz unter der sitzbank angeboten zu bekommen, wo sie sich ausstrecken konnte. sie sprach von dem besten platz überhaupt, dem "genußplatz", dem "sorglosplatz". china: offenbar eines der wenigen länder, in denen mal früher nicht alles besser war.
Die reizende Reisende hat aber 20 Stunden so sorglos genossen dass sie noch heute davon redet.
Noch ein interessantes Chin.-Deutsch. Gespräch (gelesen in der Zeitung).
Wang: ‚China war einmal die fortschrittlichste Zivlisation der Welt.’
Thomas Dorn, Vorstandsmitglied der deutschen Handelskammer Schanghai: ‚Kann sein, aber heute ist alles besser in China. Siemens lieferte Komponenten für Chinesische Züge. Im Januar erhielt die Firma den lukrativen Auftrag, Antriebskomponenten und Drehgestelle für 100 Züge der geplanten Strecke Peking-Shanghai zu bauen. Möchte gerne mal die Reise machen. Was empfehlen Sie in der aktuellen Situation?’
Wang: ‚Hardseater sind die billigsten Plätze. Bieten Sie in einem Hardseater auf keinem Fall einem älteren Herrn oder einer schönen Frau Ihren Platz an - wenn Sie um Mitternacht noch stehen oder im Mittelgang schlafen, werden Sie es bitter bereuen. Wenn Sie auf die Toilette gehen, dürfen Sie nicht unbedingt damit rechnen, dass Ihr Platz danach noch frei ist. Softseater sind zu soft. Hardsleeper sind für Nachtreisen vollkommen ausreichend - es handelt sich hierbei um offene Abteile mit 6 engen Betten, man kommt gut mit chinesischen Mitreisenden ins Gespräch. Hardsleeperplätze sind an Feiertagen oft ausgebucht, so schön hart sind die. Softsleeper sind Luxusklasse - allerdings hat man nicht soviel Stauraum für das Gepäck wie beim Hardsleeper.’
Thomas Dorn gelassen: "Man muss es also chinesisch sehen.’
Kommentiert von: Anja | 22. Februar 10 um 21:01 Uhr