Ich bin kein mann für
besichtigungen. Ich bin kein mann für sehenswürdigkeiten. Ich weiß wirklich
nicht, was das soll. Allein das seltsam gestelzte, krumm konstruierte,
gravitätische wort verrät, dass mit den sogenannten sehenswürdigkeiten etwas
nicht stimmen kann. Ein wort wie ein plemplem-signal. Würdigkeiten des sehens –
was für ein quatsch. Man latscht um sie herum, man latscht näher an sie heran,
man schaut betreten, belämmert und schief, weil da eigentlich nichts ist oder
nicht viel, und schießt ein foto, das nie jemand jemals sehen wollte, wenn es
ehrlich zugeht. Zuvor steht man in grauer frühe auf, verflucht die welt, die
zeit, die erschaffer von sehenswürdigkeiten, die bewahrer von
sehenswürdigkeiten, zwängt sich in buszugflugzeug und ist auf die entwürdigendste
weise eingeklemmt und komplett sinnlos unterwegs. Stunden, tage, wochen sind
verloren und verplant und bis zum anschlag angefüllt mit streß, den das
zwanghafte sehen von sehenswürdigkeiten auslöst. Leute mit monotonem timbre
erklären präaztekische details. Stafetten von jahreszahlen werden abgeschossen.
Es ist heiß, es ist voll, die luft ist durchwabert von jahrhundertealtem staub,
und suizidale optionen kriegen oberwasser. Dies alles müsste nicht sein.
Sehenswürdigkeiten sollten international geächtet werden. Reisen zu
sehenswürdigkeiten sollten mit einer würdigkeits-steuer belegt werden. Wer
anderen sehenswürdigkeiten zeigt, auf sie aufmerksam macht, sie besucht und
andere deshalb und mit absicht in den reiseverkehr bringt, wird mit deppentum
nicht unter lebenslänglich bestraft. Den obskuren drang zur besichtigung von
sehenswürdigkeiten, ehrlich, halte ich für einen ernsten mangel an charakter.
Vielleicht erklärt dies am
ende meine große freude, in campeche auf ein denkmal zu treffen, von dem
partout niemand sagen konnte, wem es eigentlich gewidmet sein soll, wer da zu
sehen ist und überhaupt. Ein unbekanntes denkmal bzw. denkmal eines
unbekannten. Das denkmal
des unbekannten womöglich? Gewidmet den zahllosen namen- und verdienstlosen,
den normalen typen, die nie streber und ehrgeizling genug waren, um berühmtheit
zu erlangen? Oder ein denkmal auf halde praktisch. Standardmaße. Pro forma im vorabbereich erreichtet. Für irgend jemand, der schon noch kommt. Dies würde mir gefallen. Dies würde mir gefallen haben. Am ende,
stellte sich heraus, war es nur eine wissenlücke meines reiseführers, der
schwor, dass niemand in campeche wisse, wer der unbekannte sei. Stimmte,
leider, gar nicht. Ersparte mir aber immerhin weitere weitläufigkeiten und
erklärungen.
Stumm standen wir und schauten
In einer art von bannDen einst
Von irgendwem
Warum auch immer
Mal erbauten
Stummen steinmann* an
* oder bronze? stahl? knetgummi? anspielung auf den ex-außenminister?
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